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Manchmal komme ich mir vor wie ein Wanderer zwischen den Welten. Eben noch war ich auf der kolonialkritischen Ausstellung EDEWA in der Weserstrasse in Berlin Neukölln und nun sitze ich am warmen Kamin in der Ä Stube und trinke Fritz Cola und Milchkaffee. Gegensätzlicher kann das Ganze nicht sein.
Eingelullt vom warmen Kaminfeuer und dem angenehm leeren Gastraum komme ich mir in mir selbst widersprüchlich vor und habe das Gefühl diesen Konflikt wenig auflösen zu können. Ich frage mich, ob ich dem Kapitalismus gegenüber kritisch sein kann, wenn ich seine Vorteile genieße und im ersten Augenblick das beiseite schiebe, was den Genuss schmälern könnte. Wie etwa den ausbeuterischen Lohn für Kaffeebauern, das Tierleid hinter der Milch in meinem Kaffee und die Großmacht des Konzerns, der meine Cola produziert. Bei diesen Gedanken frage ich mich, ob die Kellnerin, die hier arbeitet, einen gerechten Lohn erhält. Und ich habe keine Ahnung von den Bedingungen, die der Cafe- Besitzer hinnehmen muss.
Ich kann nicht sagen, ob die Kritik, die ich mir in diesem Moment gegenüber ausübe, ihren richtigen Platz hat, aber dennoch setzt sie in mir Gedanken über mein Handeln in Gang und ich bemerke, dass ich öfter das, was ich tue, mit meinen Vorstellungen über ein Ideal abgleichen muss, auch wenn die Dinge noch so klein und unbedeutend erscheinen. Ich kann ebenso wenig über meine Möglichkeiten hinweggehen und ignorieren, wenn die Realität mir Grenzen setzt, vor allem dann, wenn ich in einem Zielkonflikt verharre.
Vielleicht hat die Kritik in dem Augenblick der Aufmerksamkeit ihren Platz, da sie Ignoranz und Unwissenheit abschüttelt. Wir tun so viele Dinge täglich, denen wir kaum Bedeutung beimessen, die jedoch für andere von Bedeutung sind. Manchmal weil sie mehr dafür leisten müssen. Manchmal weil es Leid verursacht. Und weil es manchmal viel weitreichende Auswirkungen hat als die bloße Bestellung eines Kaffees. Wir verlernen immer mehr achtsam und respektvoll mit dem, was uns täglich zur Verfügung steht und wir genießen können, umzugehen. Wir verkennen viel zu oft, welchen Preis wir gemeinschaftlich dafür tragen, dass die Dinge für uns so sein können wie wir sie erleben.
english
Sometimes I feel like a wanderer between several worlds. One minute before I was on the colonial critical exhibition EDEWA in the Weserstrasse in Berlin Neukölln and now I sit near a warm fireplace in the Ä stube and drink Fritz Cola and milk coffee. Not another things can be so conflicting.
Wrapped up by the warm fire and the pleasant empty dining room I feel in myself inconsistent and have the feeling to be unable to resolve this conflict. I wonder if I can be critical of capitalism, if I enjoy its benefits and shift the first moment that aside which could detract from the enjoyment. How about the exploitative wages for coffee farmers, the animal suffering behind the milk in my coffee and the great power of the company which produces my Coke. With these thoughts, I wonder whether the waitress who works here gets a fair wage. And I have no idea of the conditions that the cafe owners must accept .
I can’t say whether the criticism, which I exercise myself in this moment, has their right place, but it lets me thinking about my actions and I realize that I must often adjust what I’m doing with my ideas about an ideal, even if things still seem so small and insignificant. I can’t ignore my options and the reality that sets me limits, especially if I remain in a conflict of objectives.
Perhaps the criticism has its place in the moment of attention because it shakes off ignorance. We do so many things every day which we give no importance, but which are import for another. Sometimes because they have to pay more for it. Sometimes because it causes suffering. And because it has sometimes much far-reaching consequences than the order of a coffee. We unlearn more and more mindful and respectful with what is every day available and we can enjoy. We fail too often the price that we are jointly ensure for the things we experience.