dt/engl
An den Rändern meines Mikrokosmos aus Tiny House, Wasserrecycling und Möbelbau schieben sich wortlaut kleine Informationsfetzen einer anderen Welt entlang bis ich sie endlich erhöre und zu mir lasse. Worte und Sätze spezifischer Themen aus Gesellschaft und Kultur – globale, sozialkritische Betrachtungen unserer Wirtschaftsweise, mit meinem Leben tief verwobene und als persönlich empfundene philosophische Gedanken über die Freiheit und die Verantwortung und nicht zuletzt auch Geschichten über das Leben selbst. In “meinem” Raum der Ruhe dringen sie zu mir durch. Neben einfachen, so erfüllenden Dingen wie heißer Kaffee und gutem Essen. Am frühen Morgen. Mitten in Berlin.
Die aufgeschlagene Zeitung im Cafe “Zeit für Brot” schenkt mir an diesem Morgen einen Blick auf den Artikel “Die Königin ist tot, lang lebe die Königin.” der TAZ. Der Regisseur David France bediente sich für eine millionenschwere Netflix Doku der Recherchearbeit der Künstlerin und Aktivistin Reina Gossett, die selbst an einer Doku über die afroamerikanische trans Ikone und Aktivistin Marsha P. Johnson arbeitete und kaum ihre Miete bezahlen konnte.
“Allzu oft wird ihr Überlebenskampf als Street Credibility vermarktet, werden dem Alltag abgerungene Momente der Flucht in einer Fantasie von Reichtum und Berühmtheit in warenförmige Codes überführt.” ist ein Vorwurf, der mich an einen Mechanismus erinnert. Aus der vollen Welt eines kreativ wirkenden Menschen mit all seiner Sehnsucht nach Freiheit und Unabhängigkeit wird in unmittelbarer Nachbarschaft zu Geld und Macht ein vollgepackter Warenkorb, aus dem sich jeder kühl bedient, der nur anstandslos genug ist. Keiner ist sich für die Aneignung fremder Kreativität zu schade – es wird kopiert, geklaut und verdrängt, nicht ohne mit einer Story der Benachteiligung dem Ganzen “Authentizität” zu verleihen.
Das Wissen über jenem Mechanismus, der selbst in der Welt des “Social” und der “Sustainability” als knarrender Wagen über die holprige Strasse des Ruhms knattert, entwirft in mir eine tiefe Ablehnung und ein Abgestoßensein gegenüber Menschen, die sich dessen bedienen. Es entwirft in gleichem Augenblick eine Sehnsucht nach einem anderen Ort, den ich noch nicht kenne und suchen will. Denn wenn ich auch längst weiß, wie meine tätige Zukunft aussehen kann, bin ich physisch noch nicht dort angekommen, wo mich nichts mehr wegtreibt. Baue ich deswegen ein Tiny House?
Auch wenn ich in meinem Tiny House die Tür hinter mir verschließen kann, bleibt das Wissen, dass vor meiner Tür die Welt noch so ist wie sie ist. Sie verschwindet nicht, weil sich die Tür schließt. Vielleicht mache ich irgendwann die Tür von meinem Tiny House auf, sehe das Meer und schöne grüne und volle Landschaften, atme den Duft des frisch gebrühten Kaffees, setze mich in die warme Sonne an den Strand … und … will einfach nicht mehr weg.
ENGLISH
At the edges of my microcosm of tiny house, water recycling and furniture small pieces of information from another world slide along until I finally hear them and let them come to me. Words and phrases of specific topics from society and culture – global, socially critical reflections of our economic way, with my life deeply interwoven and therefore as personally perceived philosophical thoughts about liberty and responsibility and stories about life itself. In “my” room of rest they come to me. Besides simple, so fulfilling things like hot coffee and good food. Early morning. In the middle of Berlin.
The open paper TAZ in the cafe “Zeit für Brot” gives me a view at the article this morning “The Queen is dead, long live the Queen.” The director David France used for a million-dollar Netflix documentary the work of the artist and activist Reina Gossett, who herself worked on a documentary about the African-American trans icon and activist Marsha P. Johnson. She could hardly pay her rent.
“Too often her struggle for survival is marketed as Street Credibility, the daily rare moments of escape in a fantasy of wealth and celebrity are transferred into commodity-shaped codes.” is a accusation that reminds me to a mechanism. The full world of a creative person with all his yearning for freedom and independence becomes in the immediate neighbourhood of money to a fully packed shopping cart, from which everyone with lack of decency takes what he wants. No one is pitty enough for the appropriation of foreign creativity – it’s copied, stolen and repressed, not without giving a story of disadvantage to the whole “authenticity“.
The knowledge of a mechanism, that even in the world of “social” and “sustainability” rattles as a loud wagon over the bumpy road of fame, creates in me a profound rejection of people who use it. In the same moment a yearning for another place arises that I don’t yet know and want to search. Because even if I already know what my working future may look like, I haven’t yet physically arrived where nothing is driving me away. Is that why I build a tiny house?
Even though I can close the door behind me in my tiny house, the knowledge remains that the world is still as it is outside of my door. It doesn’t disappear because the door closes. Maybe sometime I’ll open the door of my tiny house, see the ocean and beautiful green, full landscapes, breathe the scent of freshly brewed coffee, lay me in the warm sun on the beach … and … just don’t want to go away.
One thought on “THE QUEEN IS DEAD | SOULFOOD [ZEIT FÜR BROT]”
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