Als ich neulich an einem lauen Sommerabend gedankenversunken meinen Latte Macchiato in einem schicken kleinem Café umrührte und mein Blick wieder sich auf die belebte Straße richtete, fiel mir gegenüber ein Waschsalon auf, durch dessen große Fenster ich regen Betrieb sah und immer wieder Menschen aller Couleur, die wenigen Stufe in den Salon mit ihren schweren Taschen erklimmen. Wie gut, dass ich doch eine Waschmaschine habe, dachte ich so bei mir, wobei es sicherlich ein Abenteuer wäre, mich dort ins Getümmel zu stürzen und in dieser bestimmt lauten und hitzebehafteten Atmosphäre mit Gleichgesinnten zu philosophieren. Gerade hier in Berlin trifft man vom Hartz-IV-Empfänger, der Marketingleiterin oder dem einen oder anderem Politiker alle Gesellschaftsschichten. So habe ich das wenigstens in einem Artikel einmal gelesen. Für Senioren scheint der Waschsalon ein Ort zu sein, in dem sie soziale Kontakte pflegen können und der Einsamkeit entrinnen.
Noch gänzlich verträumt, füllte ein Gedanke immer mehr den Raum zwischen meinen Ohren und brach dann wie eine tosende Welle: Wie mache ich das eigentlich in meinem Tiny House mit dem waschen. Ein kurzer Anflug von Panik erfasste mich, als mir klar wurde, dass meine jetzige Waschmaschine dann nicht mehr weiter mein treuer Begleiter sein kann, jedenfalls, wenn ich meine Planungen nicht umstelle. Trauer kam in mir hoch, denn sie ist mir über die Jahre ans Herz gewachsen, wie sie unermüdlich für mich geackert hat ohne nur das kleinste Murren. Doch was nun? Ich sah mich bereits dito auf dem Weg zum Waschsalon, bewaffnet mit einer großen Tasche. Warum eigentlich nicht? In Berlin gibt es immer noch etwa fünfzig davon und auch in den anderen Städten, die ich mit meinem Tiny House besuchen will, gibt es diesen nostalgischen Ort ebenfalls, bei dem ich mit etwas Glück ich nicht nur mit sauberer Wäsche herausspaziere, sondern gleichwohl mit neuen Inspirationen, Bekanntschaften und Erlebnissen.
Dennoch packte mich die Neugierde und ich wollte herausfinden, wie andere Tiny House Enthusiasten das Problem mit Flecken und Co. gelöst haben. Schnell wurde mir einerseits klar, dass es hierfür genug Optionen gibt und anderseits wieder einmal vor Augen geführt, wie wenig wir in unserem Alltag über den Tellerrand schauen. Ein wahrer Purist kann sogar mit etwas Geschick und Muskelschmalz sich eine eigene „Waschmaschine“ bauen, ganz ohne den kostbaren Strom, den wir immer noch zu oft gedankenlos ins Nirwana verschwinden lassen. Es gibt also ein Leben zwischen einem modernen Waschvollautomaten und dem Waschbrett, das ich nur auf alten, vergilbten Fotos kenne, auf denen sich meine Großmutter heroisch abmüht, um die Zivilisation und den guten Geruch im Haus am Leben zu erhalten.
Angetan hat es mir schlussendlich eine Hybridlösung, eine Art elektrische Trommel, in die man mehr oder weniger heißes Wasser gießen kann und die ebenfalls eine kleine, aber feine Schleuder ihr Eigen nennen darf. Halbautomatische Waschmaschine nennt sich so etwas und ich erinnere mich jetzt dunkel daran, so etwas bei einem guten Freund gesehen zu haben, der keine normale Maschine in seiner kleinen Wohnung anschließen konnte. Lachend musste ich daran denken, wie sie einmal hin und her gesprungen ist und er sich wieder „einfangen“ musste. Er war aber voll zufrieden damit, auch wenn eine der ersten Neuanschaffungen bei seinem Wechsel in eine größere Wohnung eine Waschmaschine war. Es ist eben schwer, sich aus den Fängen der immer neuer, immer besser, immer komfortabler Spirale zu befreien. Ja, die Befreiung das ist mein Ziel, und den Ballast einer schweren, großen und lauten Maschine abzuwerfen, auch wenn es mir schwerfällt, wird mich diesem Schritt näherbringen, da bin ich mir sicher.
Die diffuse Panik, dass ich in meinem neuen Domizil von sauberer, kuscheliger Wäsche abgeschnitten bin, verflog deshalb so schnell, wie sie gekommen war. Ich nippte etwas an meine Latte, der bereits sich merklich abgekühlt hatte, und beobachtete weiter das Treiben in und vor dem Waschsalon. Fröhliche Gesichter kamen immer wieder heraus und blickten genüsslich in Richtung der langsam abnehmenden Sonnenstrahlen. Die Leute scherzten und winkten sich zum Abschied teilweise freundlich zu. Lag es am guten Gefühl, saubere Wäsche in den Händen zu halten oder ist ein Waschsalon ein Ort der Fröhlichkeit? Ich nahm mir vor es spätestens nächste Woche auf eigene Faust herauszufinden, denn dann ist mein Wäschekorb wieder voll bis zur Oberkante und bis dahin habe ich die große Plastiktasche bestimmt gefunden, die mich als geübte Waschsalon-Nutzerin ausweißen wird. Und falls mich meine Reise dennoch enttäuschen wird, ich weiß ja, dass es gleich gegenüber einen leckeren Latte als Entschädigung gibt und keinen Grund mehr, ihn kalt werden zu lassen. Ich werde euch auf jeden Fall Bericht erstatten.