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SARTRES WORTE UND DER YOUTUBER GREEN BOOOH | BERLIN

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Ich hatte mich schon einmal im September letzten Jahres mit dem Thema “Soziale Medien und der Schein” auseinandergesetzt und angemerkt, dass unser Profil in den sozialen Medien nur das Abbild von dem sind, was wir gern wären und damit vorgeben zu sein, aber nicht sind. Noch bevor soziale Medien wie Facebook und Twitter existierten, gab Sartre zur Sache, dass “der Mensch durch Konformitätsdruck falsche Wertvorstellungen übernimmt” und mit einer “mauvaise foi” – einer Haltung der Unaufrichtigkeit – sich selbst belügt.  Das dadurch entstehende Misstrauen entwickelt sich zu einer paradoxen Grundbefindlichkeit des Bewusstseins. Wir nehmen den anderen nicht als “echt” war und misstrauen grundsätzlich, auch ohne soziale Medien, und sind dadurch unfähig, eine echte Verbindung zu anderen Menschen herzustellen. Nun erwischte es einen Youtuber, der aufgrund der empfundenen Unaufrichtigkeit anderer und den Trug der sozialen Medien aufgibt und seinen Kanal ruhen lässt. Aber sind wir nicht alle Teil dieses Spiels?

Food Berlin

Machen wir nicht allle mit beim Selbst- und Fremdbetrug? Wie oft können wir hämische Kommentare unter Posts lesen, wenn offen über vermeintlichen Schwächen gesprochen wird? Laufen wir nicht selbst eher den Menschen hinterher, die uns stark, schön und selbstbewusst erscheinen, in der Hoffnung, ein wenig von dessen Glanz zu erhalten? Und wenn wir in ihren Windschatten stehen, fühlen wir uns anders und besser, weil das eigene Selbst nicht genügend ohne sie hergibt.

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Die Frage nach der eigenen Identität löst sich im Kontext des Konformitätsdrucks der sozialen Medien und der Realität auf. Beugen wir uns den Idealvorstellungen anderer, geben wir es auf, wir selbst zu sein und verlieren uns in den Ansprüchen anderer, um ihre Anerkennung zu erhalten. Der Verlust führt zu einer inneren Leere, die wir mit Gefälligkeit auffüllen möchten, um zu sein. Weit von uns selbst entfernt, verbringen wir Zeit damit, Ansprüchen zu genügen, statt uns nah und damit aufrichtig zu sein. Diese innere Leere spüren wir, wenn es still ist und wir diese Stille nicht aushalten. Wenn kein anderer in unserer Nähe ist, der uns sagen kann, wer wir sind, fühlen wir uns ein wenig verloren und wollen doch nicht anderes als sein.

Food Berlin

Es gibt auch in der realen Welt Begegnungen, bei denen ich die innere Leere der anderen sehr genau spüre. Wenn es mir nicht möglich ist, eine echte Verbindung zum anderen herzustellen, nehme ich wahr, dass das Unaufrichtige längst ein identitätsgebener Teil des anderen ist. Es werden Beziehungen aufgegeben, um dieses Gebäude zu erhalten, weil es wichtiger erscheint, jemand anderes zu sein. Viele fürchten sich so sehr vor dem eigenen Ich, dass sie sich im Alltäglichen keine Ruhe gönnen und von einem Highlight zum nächsten rennen.

Food Berlin

Die Unaufrichtigkeit ist kein Phänomen, das sich auf die rein zwischenmenschliche Ebene beschränkt. Greenwashing ist ein beliebtes Spiel, um seinem Unternehmen ein Image zu verleihen, das den derzeitigen Trends entspricht. Diese auszusortieren und dafür ein Gespür zu entwickeln, hinter welchen StartUps die Nachhaltigkeit tatsächlich umgesetzt wird, ist ein Leitmotiv von Kiezpopcorn. So wie ich selbst darin begrenzt bin, die umfassende Wahrheit herauszufinden, kann ich zumindest die richtigen Fragen in den Interviews stellen. Dann erfahre ich, dass zum Beispiel KANCHA in seinen Aktivitäten transparent agiert, da die Gründer trotz hoher Ambitionen über begrenzte Ressourcen verfügen. Ich kann den Betrug ebenso wenig ausrotten, aber zumindest versuchen, es ein wenig besser zu machen.


Weitere Infos:

KANCHA IM INTERVIEW AUF KIEZPOPCORN
Beitrag zum Start der Crowdfunding- Kampagne von Kancha

ENGLISH

I had argued already once in September of the last year with the subject “social media and the light” and had marked that our profile in the social media only the image of that what we would be with pleasure and with it pretend to be, but are not. Even before social media existed like Facebook and Twitter, Sartre said that “the person by conformance pressure takes over wrong values” and with “mauvaise foi” – a position of the insincerity – and deceive ourselves. The mistrust originating from it develops to paradoxical basic sensitivities of the consciousness. We don’t take the other as real and mistrust basically, also in real life without social media, and are thereby incapable to produce a real connection with other people. Now it got a Youtuber who rest his canal because he doesn’t trust the social media. However, are we not a part of this play?

Do we not take part in the selfdeception and foreign deception? How often can we read malicious comments under Posts if openly is spoken of putative weaknesses? Do we not run ourselves rather the people behind who appear to us strongly, nicely and self-confidently, in hope to receive a little from his shine? And if we stand in his shadow, we feel different and better because own doesn’t give us enough without them.

The question after own identity resolves in the context of the conformance pressure of the social media and the reality. If we bend to the ideal images more different, we give up being ourselves and lose us in the claims to receive their recognition. The loss leads to an internal emptiness which we would like to fill in with favour so that we can be. Far from ourselves remotely, we spend time to be enough for claims instead of being close us. We feel this internal emptiness if it’s quiet and we don’t stand this silence. If no one else is in our nearness which can say us who we are, we feel a little lost and, nevertheless, want to be not other than only to be.

There are also in the real world meetings at which I very exactly feel the internal emptiness of the other. If it is not possible to me to produce a real connection, I perceive that the disingenuous is long ago a part of the other. Relations are given up to receive this building because it seems more important to be someone else. Many are afraid so much of the own that they allow themselves no rest in the everyday and run from a highlight to the next.

The insincerity is not a phenomenon which limits itself to the purely interpersonal level. Greenwashing is a popular game to lend an image to an startup which corresponds to the present trends. To sort out this and to develop for it a feeling behind which StartUps the lastingness is really, is a motiv for Kiezpopcorn. As well as I myself am limited to find out the comprehensive truth, I can put at least the right questions during the interviews. Then I find out that, for example, KANCHA operates in his activities clear, because the founders in spite of high ambitions dispose of restricted resources. I can exterminate the deception just as little, but at least try to make it a little better.

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5 thoughts on “SARTRES WORTE UND DER YOUTUBER GREEN BOOOH | BERLIN

  1. Hallo Margarete,
    zunächst einmal hast Du wunderschöne Bilder, die genau zum Thema passen. Was das Thema an sich betrifft, so ist dies wohl einfach die Natur der Menschen, dass sie sind wie sie sind.
    LG Anja

  2. Natürlich entstand durch die Sozialen Medien eine neue Art von Öffentlichkeit, in der sich deren Teilhaber selbst inszenieren. Warum? Na weil man es kann. Man zeigt nur die besten Seiten von sich, und kann seine Persönlichkeit so darstellen, wie man sie gerne hätte. Es ist PR. Genauso wie es Unternehmen mit “Greenwashing” versuchen. Man unterliegt, was das eigene Image angeht, immer der Fremdbestimmung. Da hilft nur eins: Selbstliebe, sodass einem diese Fremdbestimmung nicht zu sehr beansprucht, und du ein echtes Bild/Image von dir selbst hast, dass du liebst und als solches darstellst. LG, Meli

    • Hi Meli!

      Vielen Dank für Deinen Kommentar!
      Ich war gestern auf der “Its and Bits” vom Tagesspiegel zu genau diesem Thema.
      Es gibt hierzu heute noch einen Artikel.
      Sehr spannendes Thema!

      LG Margarete

    • Hi Claudia,

      freut mich, dass er Dir gefällt!.
      Ich finde die Fotos auch sehr schön.
      Wenn die Sonne scheint, machen sich die Fotos fast von selbst.

      Liebe Grüße
      Margarete

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