Berlin Friedrichshain

POMMES UNTERM BALKON

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Auch wenn kluge Gelehrte dieses Wissen mehrfach in unendlich vielen Sätzen für alle festgehalten haben: Wir hasten im Drang nach Pflichterfüllung durch die Gassen und vergessen dabei das Leben. Wir vergessen, dass die wunderbarsten Augenblicke dann stattfinden, wenn wir anhalten, vom Fahrrad absteigen und bei einem Freund klingeln.

Ich war gestern in Berlin Friedrichshain unterwegs, um die Hofflohmärkte in Bild und Text einzufangen. Aber irgendwie lief an diesem Tag alles anders als ich es von meinen Touren für Margarete gewohnt war. Mit meinem Fahrrad fuhr ich durch den Prenzlauer Berg hinunter nach Friedrichshain, streifte den Samariterkiez, um nach den kleinen Flohmärkten Ausschau zu halten, wurde aber erst rund um den Boxhagener Platz fündig. Ich durchstreifte die Höfe, erhaschte Blicke auf wunderschön gestaltete Orte, floh dann aber wieder vor den Menschen, die mich einengten, mir ihre Kinderwagen in die Hacken fuhren oder mich weiter schubsten.

Auf dem Weg zum RAW Gelände kam ich an der Wohnung einer Freundin vorbei, die ich lange nicht gesehen und sehr vermisst hatte. Oft war ich in Berlin Friedrichshain für Margarete und Kiezpopcorn unterwegs, gab aber oft der Arbeit den Vorrang und drückte zur Seite, dass ich meine Freundin gern wiedersehen würde. Dieses Mal machte ich alles anders, was mir einen wunderbaren Tag bescheren sollte: Ich klingelte einfach und fragte mich nervös: Würde sie aufmachen?

Sie machte auf und wir begrüßten uns herzlich. Nach 20 Milchkaffee im Goodies in der Warschauer Strasse spazierten wir durch Friedrichshain und ließen uns vom Hunger zu einer Portion Süßkartoffel Pommes von Schiller Burger verleiten. Da es anfing zu regnen, suchten wir uns unter einem Balkon einen Platz vor einem Club in der Wülischstrasse .

Der Regel prasselte leise auf den Weg und unsere Blicke schweiften in Richtung Zukunft und in das Gesicht der Menschen, die an uns hastig vorbei liefen. Wir bemerkten, wie viele Menschen unglücklich aussahen und sprachen unweigerlich über das, was nun endlich hinter mir lag.

Mein frustrierender Joballtag in einem 9 to 5 Job liegt zwar erst seit ein paar Monaten hinter mir, aber mein Leben hat sich bereits komplett gewandelt. Ich kann nicht sagen, dass meine Existenzängsten verschwunden sind, aber ich bin von einiger riesigen Last befreit: Ich habe nun keine Angst mehr, dass mein Leben ohne mich stattfindet.

Diese Angst, dass ich für immer ein Leben in Konventionen ohne Selbstbestimmung und Freiheit führen muss, hatte sich tief in mir eingegraben. Lange sah ich keine für mich passende Alternative und wusste immer nur, dass das, was mir das Leben in diesen Konventionen anbietet, so nicht passt. Ich konnte mich nicht damit abfinden, bis zur Rente einen Job zu machen, der für mich keinen Sinn ergab und so wenig mit mir zu tun hatte, dass es mich schmerzte. Ich konnte nicht akzeptieren, dass ich im hohen Alter für ein Leid, dass nicht notwendig ist, belohnt werden sollte. Ich konnte nicht verstehen, dass lebenslange Ketten aus Kreditzahlungen für ein Haus und für ein Auto, eine Ehe, zwei Mal im Jahr mühsam Urlaub absparen, um sich von einem Job zu erholen, und starre Alltagsstrukturen das sein sollen, was erstrebenswert ist.

kiezpopcorn berlin

Und nun sitze ich mit meiner Freundin hier unter dem Balkon, mit einem Herz voller Glück und den Bauch voller Pommes während Menschen mit unglücklichen Gesichtern an uns vorüberziehen und bekomme eine Gewissheit darin, dass ich Recht hatte. Recht darin, dass es sich mehr als lohnt, Ängste auszuhalten und aus den Konventionen und einem Leben auszubrechen, das nicht zu mir gehört. Und ich weiß, dass ich mit diesem Gedanken nicht alleine bin. Denn mindestens einer in meiner Nähe denkt genauso.

english

Although wise human have the knowledge held several times in an infinite number of sentences for all: We hurry with the urge of responsibility through the streets and forget our life. We forget that the most wonderful moments take place when we stop, dismount the bicycle and ring the doorbell of a friend.

Yesterday I was in Berlin Friedrichshain to hold the backyard flea market in pictures and text. But something was different that day. With my bike I cycled through Prenzlauer Berg down to Friedrichshain, past the Samariterkiez to look for the little flea market. But I was able to find them only around Boxhagener Platz. I wandered through the backyards, caught attention beautifully designed places, then fled again because people drove their baby carriage in my heels and pushed me further.

On the way to RAW terrain I passed the apartment of a friend I had not seen and greatly missed. Often I was in Berlin Friedrichshain for Margarete and Kiezpopcorn, but often the work had a higher priority than my desire to see my friend. This time I made everything different from what was supposed to bring me a wonderful day: I just rang the doorbell and asked me nervous: Would she open?

She opened the door and we greeted each other warmly. After 20 Latte in the coffeeshop Goodies in the Warschauer Strasse we walked through Friedrichshain and got appetite for a portion of sweet potato fries from Schiller Burger. As it started to rain, we looked for a place under a balcony in front of a club in the Wülischstrasse.

The rain pattered softly on the way and our eyes wandered towards the future and in the face of people who hastily ran past us. We noticed how many people looked unhappy and talked about what finally was behind me. Although my frustrating job in a 9 to 5 job is only for a few months behind me, my life has been completely transformed. I can not say that my existential fears are gone, but now I’m free of some huge burden: I’m no longer afraid of that my life has been going without me.

This fear that I must live a life of conventions without self-determination and freedom forever, had buried deep inside me. Long I saw no suitable alternative for me and always just knew what life offers me in these conventions, so does not fit. I could not resign myself to do until retirement a job that did not make sense for me and had so little to do with me. I could not accept that I should be rewarded in old age after a long way of pain. I could not understand that life-long chains of loan payments for a home and a car, a marriage, two times a year laborious scrimped holiday to recover from a job, and rigid everyday structures that should be what is desirable.

And now I’m sitting here with my friend under the balcony, pass with a heart full of happiness and the belly full of fries while people with unhappy faces past us and get a certainty that I was right. Right that it is more than worth withstanding fears and breaking free from the conventions and a life that does not belong to me. And I know I’m not alone with this thought. For at least one close to me feels the same way.

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