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Von den Streikenden des Hauses Bartleby habe ich als Erstes gelernt wie charmant und zugleich unerbittlich ein höfliches Nein sein kann. Ich habe gelernt wie ein Nein die eigene Seele retten und ein gutes Leben geben kann, ohne dass der Preis dafür zu hoch wäre. Und ich habe verstanden, dass ein aufrichtiges Nein für Andere manchmal ein Affront ist, der je nach Ehrgefühl Gegner hervorbringen kann, die vormals noch versöhnlich waren. Manche werden für ihr Nein berühmt.
Bis zu seinem Nein zum CETA Abkommen kannte ich die belgische Region Wallonie nicht. Wunderbarerweise hat sich durch seine spektakuläre Haltung zu einem seit Jahren gärenden Prozess vor unserer Augen ein schönes Anschauungsbeispiel menschlicher Denk- und Handlungsweisen entwickelt. Wir können in den Medien nachverfolgen, welche Ideen rund um die Ablehnung der Region gesponnen werden, ohne dass auch nur jemand mit den Menschen vor Ort persönlich gesprochen hätte. Wie können sehen, wie aus diesen Gedanken Reaktionen und Meinungen auf ein vermeintliches Verhalten entstehen, ohne dass sich jemand direkt mit Wallonie auseinandersetzen würde. Das, was im Großen und Öffentlichen passiert, geschieht oft im kleinen Privaten.
“Turkey”, sagte ich, “was meinen Sie zu dem, was ich gesagt habe? Habe ich nicht recht?”
“Mit Verlaub, Sir“, sagte Turkey in seinem mildesten Ton, “ich meine , Sie haben recht.”
“Nippers“, sagte ich, “was meinen Sie dazu?”
“Ich meine, ich würde ihn aus der Kanzlei hinauswerfen.”
…
“Ginger Nut“, sagte ich in der Absicht, auch die geringste Stimme für mich zu gewinnen, “was meinst du dazu?”
“Ich meine, er ist ein bisschen übergeschnappt, Sir“, erwiderte Ginger Nut grinsend.
“Sie hören, was die anderen sagen“, rief ich, zum Wandschirm gewandt, “kommen Sie hervor und tun Sie Ihre Pflicht!”
Doch er würdigte mich keiner Antwort.*
Die Verweigerungshaltung Bartleby’s bestand ebenso aus einem schlichten “Prefer not to” wie das wallonische Nein. Die Stärke, die in einer Haltung liegen kann, mag einer einsamen, inneren, ganz persönlichen Überzeugung entstammen, jedoch in der Öffentlichkeit eine enorme Wirkung entfalten. Nur noch wenige trauen sich, wirklich laut Nein oder Ja zu etwas zu sagen und eine entsprechende Haltung einzunehmen, aus Angst vor Verlust oder einfach nur weil es bequemer ist, keinen Widerstand zu spüren. Dabei brauchen wir in diesen Zeiten unglaublich viele Menschen, die mit ihrem Mut die Dinge verändern können. Denn wir haben “gegen eine Gleichgültigkeit” zu kämpfen, “die unsere Gesellschaft um ihre lebenswerten Prinzipien bringt. Denn wir befinden uns in einer Trockenphase der Weltgeschichte – es gilt, sie mit Schönheit zu tränken.”*
*Bartleby, der Schreiber | Herman Melville | Seite 27 – 28
*Wenn nicht wir, wer dann? | Philipp Ruch
ENGLISH
From the strikers of the house Bartleby I have learnt first of all how charmingly and at the same time relentlessly a polite NO can be. I had learnt how a NO can rescue my own soul and a good life, without the price would be too high of it. And I have understood that a straight NO can be sometimes an affront for other which can produce in dependence of honour an opponent who were still conciliatory before. Some become famous for their NO.
Before its NO to the agreement CETA I didn’t know the Belgian region of Wallonie. Miraculously a nice view example of human mental and action manners have developed by this spectacular position to a process fermenting for many years before. We can postpursue in the media which ideas are spun all around the refusal of the region, without even somebody would have spoken with the people on site personally. We can see how from these thoughts reactions and opinions on a putative behaviour originate, without somebody would argue directly with Wallonie. That what happens in the tallness and public often happens in the small private.
“Turkey“, I said, “what do you mean about that what I have said? Am I not right?”
“If you will excuse me, sir“, said Turkey in his mildest tone, “I mean, you are right.”
“Nippers“, I said, “what do you mean about it?”
“I mean, I would throw out him of the office.”
…
“Ginger Nut“, I said in the intention to win also the slightest voice for myself, “what do you mean about it?”
“I mean, he has clipped a little bit, sir“, answered Ginger Nut grinning.
“You hear what the others say“, I shouted, skilful to the screen, “come out and do your duty!”
However, he appreciated me of no answer.*
The refusal position of Bartleby existed also as a simple “Prefer not to” like the wallonise NO. The strength which can lie in a position may be originated from a lonesome, internal, quite personal conviction, but unfold a huge effect in the public. Only a few dare to say really No or Yes to something and to take a suitable position, because of fear of loss or just because it’s more comfortable to feel no opposition. Besides, we need in these times incredibly many people who can change the things with their courage. Since we have to fight “against an indifference which brings our society their worth living principles. Since we are in a dry phase of the world history – we should watering them with beauty. “*
*Bartleby, the writer | Herman Melville | Page 27 – 28
*If not we, who then? | Philipp Ruch