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DIE FREMDE | HAFERKATER BERLIN

dt/engl

Das absurd Süße hat es mir angetan. All jene Gesundheitsfetischisten verkennen die therapeutische Wirkung verdammt guter und aromatischer Süßspeisen. Am Morgen. Oder wann auch immer.
Ich genieße meine Schüssel voll Porridge im Haferkater an der Eberswalder Strasse und versinke in einem Philosophiemagazin, das sich mit seinem Schwerpunkt in jenem Augenblick in mein Leben schiebt, wo mich Gefühle von Zweifel und Suche fast vollkommen einnehmen. Wenn ich das, was ich tue, liebe, aber die damit verbundenen sozialen Vorgaben ablehne, bin ich in der puren Absurdität gelandet. Ich bin den anderen fremd und frage mich tatsächlich: wer bin ich?

Diese Frage ist eine Frage nach der Funktion. Ich irrte darin, dass ich glaubte, SEIN zu müssen damit ich etwas TUN kann. Bin ich ohne die Teilhabe und den Habitus einer Designerin, Möbelbauerin oder Ingenieurin überhaupt eine? Bin ich darauf beschränkt? Was ist die Funktion? Die Identität? BIN ich ohne den Spiegel der anderen?

Meine Anpassungsschwierigkeiten scheinen in meiner mangelnden Bereitschaft zu liegen, Vorstellungen zu übernehmen, die andere für mich geschaffen haben, denn zumindest eins ist klar: Wenn ich denke, SEIN ZU MÜSSEN, verliere ich meine Freiheit, denn es “führt den Menschen zum Einverständnis mit der Deformation, der er sich unweigerlich unterziehen muss, wenn er in die Gesellschaft eingepasst wird.” Die L’esprit sérieux* hatte mich erreicht und begann mich kontinuierlich in jemanden zu verwandeln, der ich nicht war und auch nicht sein wollte, weil ich darin irrte, dass meine Tätigkeit das ist, was ich bin.

Haferkater Berlin Mitte

Das Befremdliche und die Ablehnung “verwortlichte” sich schon in meinem letzten Artikel. Als ich “The Queen is dead” schrieb, war mir längst klar gewesen, was sich um mich herum abspielt, was die Marionetten der Gier nach Mehr anzieht, was sie wollen und was mich von ihnen wegtreibt, so dass ich ihrer Gesellschaft nicht beiwohnen kann. Auf ein Neues. Wieder einmal.

Ich glaube, dass sich darin meine stetige Suche, mein Weiterziehen und mein Heimweh nach einem Zuhause findet. Wo ich auch hinkomme, kann ich schlecht Teil der Gesellschaft sein, wenn sie erwartet, dass ich zu sein habe. Die Idee, den Menschen auf seine Tätigkeit zu reduzieren und seinen Wert als Ressource zu bemessen, schmerzt mich zutiefst und macht mich fast hoffnungslos.

Aber es gibt sie – die Hoffnung – denn der Mensch “ist zwar das, was er ist, aber er muss es nicht bleiben. ” und die damit verbundene Pflicht. “Wer sich dem Widerstand nicht anschließen will, kann sich nicht darauf berufen, dass er den Krieg, in den er verwickelt wurde, nicht verursacht und nicht gewollt habe. Wer frei ist, der ist auch verantwortlich: ‘Man hat den Krieg, den man verdient. Total frei also, (…) ebenso tief für den Krieg verantwortlich, als wenn ich ihn selbst erklärt hätte, (…) denn vom Augenblick meines Auftauchens zum Sein an trage ich das Gewicht der Welt für mich ganz allein, ohne dass irgend etwas oder irgend jemand es erleichtern könnte.

… Zeiten des Wandels eben …

*Annahme einer Identifikation mit einer willkürlichen, von der Gesellschaftlich geschaffenen Rolle

Haferkater Berlin Mitte

ENGLISH

The absurd sweetness has caught me. All those health fetishists misjudge the therapeutic effects of damn good and aromatic sweet food. In the morning. Or whenever.

I enjoy my bowl full of porridge in the Haferkater near Eberswalder Strasse and sink into a philosophy magazine, which pushes its focus in those moment in my life, where feelings of doubt and search almost completely take me. When I love what I do, but reject the associated social constraints, I ended up in pure absurdity. I’m a stranger to the others and actually ask myself: who am I?

This question is a question of function. I was wrong in believing I had to BE to DO something. Am I even without the participation and the habitus of a designer, furniture maker or engineer? Am I limited to that? What is the function? The identity? Am I without the mirror of the others?

My adaptive difficulties seem to lie in my unwillingness to accept the role behavior that others have created for me, because at least one thing is clear: if I think I have to BE, I lose my freedom, because it “leads the people to the agreement with the deformation that they must acquiesce if they want to fit into society. ” The L’esprit sérieux had reached me and was beginning to transform me into someone I wasn’t and don’t want to be because I was wrong in that my activity is what I am.

Haferkater Berlin Mitte

The strangeness and the rejection was a main topic in my last article. When I wrote “The Queen Is dead“, it had long been clear to me what was going on around me, what attracts the puppets of greed, what they want and what drives me away from them, so that I can not attend their presence. To a new one. Once again.

I believe that’s the basis for my constant search, my moving on and my homesickness. Wherever I go, I can not be a part of a society if she has expectations how I have to BE. The idea of reducing people to their jobs and valuing their value as a resource hurts me deeply and makes me almost hopeless.

But there is – hope – because one  “is what he is, but he does not have to stay that way.” and the duty involved “Whoever does not want to join the resistance can not claim that he did not caused it and did not want the war he was involved in. Whoever is free is also responsible: ‘You get the war you have deserved. Totally free, therefore, (…) as responsible for the war as if I had started it, (…) because from the moment of my emergence to being, I carry the weight of the world for myself, without anything or anyone making it easier.

… times of change …

Quelle: Philosophie Magazin | Die Existenzialisten

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